Sándor-Palais
Der Sándor Palast ist im Herzen Budapests auf dem Géllertberg gelegen und gilt als eines der schönsten Bauwerke Ungarns. Seit seiner Erbauung 1806 war er immer ein Schauplatz herrschaftlicher oder staatlicher Repräsentation, rauschender Feste und Tragödien, abgesehen von seinen 50 Jahren als Ruine. Heute ist das Palais das Heim und der Amtssitz des Staatpräsidenten von Ungarn und kann aufgrund dessen im Regelfall nur von außen oder in manchen Bereichen besichtigt werden. Gelegentlich finden dort aber auch Ausstellungen statt. In den Sommermonaten sind an Wochenenden Teile des Palais für Besucher geöffnet. Wenn man den Sándor Palast um Punkt zwölf Uhr besucht, kann man die Wachablösung vor dem Palast beobachten. Es erklingt täglich eine Fanfare, wonach die Wachen traditionell und in ihrer historischen Kleidung eine Zeremonie durchführen.
Entstehungsgeschichte und die ersten Jahre
Die Bauarbeiten für das Palais am Szent György Platz begannen etwa im Jahr 1803, unter Anleitung des Grafen Vincent Sandor, dessen Name der Palast noch heute trägt. Die Fertigstellung erfolgte 1806. Graf Sandor nutzte ihn von da an als seine Staatsresidenz. Bereits in Zeiten des Mittelalters genoss der Bau Berühmtheit und war für seine Ritterspiele und Jahrmärkte weitläufig bekannt. Der Palast liegt unmittelbar nördlich der Burganlage, die der ehemalige Herrschaftssitz der Könige und Statthalter von Ungarn war.
Durch eine geschlossene Brücke war der Palast mit einem Theater verbunden, in dem Graf Sándor eine Vielzahl rauschender Bälle abhielt. Dazu gesellten sich gerne auch bekannte Persönlichkeiten. Unter anderem standen Politiker, wie der russische Zar Alexander der Erste oder auch der österreichische Kaiser Franz Joseph auf seiner Gästeliste. Heute existiert das Theater allerdings nicht mehr.
Bis zur ungarischen Revolution von 1848 galt Erzherzog Albrecht, der Reichsstatthalter von Ungarn, als Eigentümer des Palastes. Daraufhin wurden das Palais sowie die angrenzenden Gebäude als Regierungsbüros vermietet. Einer der renommiertesten Mieter war der ungarische Ministerpräsident Gyula Andrassy, der es 1867 für die ungarische Regierung mietete. Im späteren Verlauf erwarb er auch die Eigentumsrechte für das Gebäude. Um 1868 lies Andrassy den inzwischen baufällig gewordenen Palast renovieren. Mit Hilfe des Architekten Miklós Ybl wurde das Erdgeschoss restauriert und in Büroräume verwandelt. Der erste Stock wurde zu seiner persönlichen Residenz umgebaut. Insgesamt lebten 19 verschiedene ungarische Ministerpräsidenten im Palais, die jeweils eigene kleine Umbauten vornahmen, um das Gebäude ihrem persönlichen Geschmack und Nutzen anzupassen.
Die Auswirkungen des Zweiten Weltkrieges
Nachdem Ungarn im Jahr 1919 die Unabhängigkeit erreicht hatte, wurde der Palast bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs traditionell als Residenz der Ministerpräsidenten genutzt. Während des Krieges, im Jahr 1941, begann der damalige Ministerpräsident Pál Teleki im Palast Selbstmord.
Weniger als vier Jahre später bombardierten alliierte Flugzeuge den Palast. Das Gebäude wurde fast gänzlich zerstört, lediglich eine Ruine blieb übrig. Die letzten wertvollen Überbleibsel fielen Plünderern zum Opfer. Bis zur Revolution von 1989 blieb die Ruine unberührt und wurde komplett vernachlässigt.
Der späte Wiederaufbau
Nach der politischen Neuordnung Ungarns im Jahr 1989 begannen erste Arbeiten an der Ruine des Palastes. Allmählich wurde das Gebäude wieder aufgebaut. Jahrelang arbeiteten vielzählige Restaurateure am Palast und brachten nach und nach den alten Glanz des einst so imposanten Palais zurück. 2002 wurde auch der Innenraum restauriert und mit Nachbildungen der zerstörten Originale bestückt. Als Basis der Restauration dienten die originalen Baupläne, welche 1983 entdeckt wurden, sowie historische Aufzeichnungen und Karten.
Bauweise: Äußere und Innere Beschaffenheit
Architektonisch lässt sich das prachtvolle Gebäude dem Klassizismus zuordnen. Die Süd-West-Seite des Palastes, die zur Straße zeigt, wird von hellgrünen Türen geschmückt, über denen die Worte „Köztársasági Elnöki Hivatal“ (ungarisch: Amt des Präsidenten der Republik) geschrieben stehen. Direkt darüber befindet sich ein großer Balkon aus massivem Eisen. An dessen Geländer findet man das moderne Wappen von Ungarn sowie Flaggen des Landes und der europäischen Union.
Ganz ähnlich gestaltet ist die Süd-Ost-Seite des Palastes. Auch hier gibt es ein Paar grüner Türen. Auf dem Balkon über diesen Türen sind die ungarische und EU-Flagge neben dem alten ungarischen Wappen zu finden. Über dem ersten Stock auf der Süd-Ost-Seite ist ein Tympanon zu sehen. In Anlehnung an die griechisch-römische Architektur gebildet, stehen die römischen Ziffer MDCCCVI darauf, was 1806 bedeutet, das Jahr der Fertigstellung des ursprünglichen Palastes.
Über das südliche große Tor können Besucher zu dem Haupttreppenhaus gelangen. Die imposante Treppe wird von einem glitzernden Teppich und einem eleganten vergoldeten Gusseisengeländer geziert. Der Eingangsbereich ist mit einfachen gestreiften Damast-Wandteppichen geschmückt und die Wände werden von einer langen Reihe Biedermeier-Stühle gesäumt.
Der Runde Salon hat weiß gestrichene Wände. Der Boden dort ist eine identische Kopie des im Jahr 1928 von Rezső Hikisch entworfenen Originals. Die Decke zieren Stuckarbeiten. Alle Statuen und Kunstobjekte in diesem Raum sind getreue Nachbildungen, so dass der ursprüngliche Zustand fast identisch nachgestellt werden konnte. Der kleine Salon stellte früher die Verbindung zwischen dem privaten und öffentlichen Teil des Palastes dar. Heute nutzt der ungarische Präsident diesen Raum für informelle Treffen. Für größere Veranstaltungen oder Treffen wird der Blaue Salon genutzt. Er gilt als der eindrucksvollste Raum im ganzen Palast und ist im Barockstil gehalten.
Der Rote Salon, oder auch Maria Theresia Salon genannt, wird als das eleganteste Zimmer im Palast bezeichnet. Früher war dort ein Porträt der Kaiserin Maria Theresia an der Wand angebracht, was aber den Plünderungen zum Opfer fiel. Es wurde durch ein anderes Bild von ihr ersetzt. Darauf trägt sie ein Kleid, das sie an dem Tag als sie zur Königin von Ungarn gekrönt wurde, getragen hat. Der Raum sollte vor allem an die Versöhnung zwischen dem Monarchen und der Regierung erinnern, weshalb Porträts der ungarischen Präsidenten und Ministerpräsidenten in anderen Räumen zu finden sind.
Der großzügige Spiegelsaal wird vom ungarischen Präsidenten für sehr formale Veranstaltungen, wie z. B. Botschafterempfängen eingesetzt. Den Konferenzraum des Präsidenten findet man in der Süd-West-Ecke des Palastes. Von dort hat man einen Blick auf die Donau und die Burg Budapests. Dieser Raum musste in den 1990er Jahren komplett wieder aufgebaut werden, da er im Zweiten Weltkrieg gänzlich zerstört wurde.
In der Nord-Ost-Ecke des Palastes gibt es außerdem noch einen Rittersaal. Früher wurde dieser als Stall genutzt. Man findet dort noch heute die original roten Steintröge der Pferde. Der Saal wird heute für Pressekonferenzen und Bekanntmachungen gebraucht. Unter anderem findet man im Palais noch einen Tee Salon und ein großes Studienzimmer, welches mit den Porträts ehemaliger Präsidenten und Ministerpräsidenten geschmückt ist.